Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse.
Der Regelkreis der Schilddrüsenhormone verständlich erklärt
Damit die Schilddrüse überhaupt Hormone produzieren kann, braucht es nicht nur gewisse Bausteine im Körper wie zum Beispiel Jod und Selen, sondern auch das grüne Licht von Hypothalamus und Hypophyse. Wie jetzt. Das kling kompliziert? Ist es aber nicht. In den folgenden Zeilen, schaffen wir dir einen kurzen Überblick über das A&O der Schilddrüsenhormone und wie diese produziert werden.
Wieso es gut ist diesen Regelkreis zwischen Gehirn, Schilddrüse und den dazugehörigen Hormonen zu verstehen? Weil dadurch zum Beispiel die Blutwerte wie TRH, TSH, fT3 und fT4 selbsterklärend werden und du schlussendlich auch verstehst, wann und warum zum Beispiel ein zu niedriges oder ein erhöhtes TSH aussagekräftig ist – oder eventuell auch nicht.
Welche Hormone stehen also in Zusammenhang mit der Schilddrüse?
- TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon): Wird vom Hypothalamus freigesetzt und regt die Hypophyse dazu an TSH freizusetzen. Der Hypothalamus, auch als Zwischenhirn bekannt, ist übrigens ein kleiner, zentral gelegener Bereich im Gehirn, welcher eng mit der Hypophyse zusammenarbeitet. Beide Strukturen regulieren verschiedene Hormone im Körper, darunter auch die Schilddrüsenhormone.
- TSH (Thyreoidea-Stimulierendes Hormon): Die Hypophyse setzt, angeregt durch das TRH des Hypothalamus›, das Schilddrüsen-Stimulierende Hormon (TSH) frei. Die Hypophyse ist auch als Hirnanhangsdrüse bekannt und ist tatsächlich eine erbsengrosse Drüse welche (von der Seite aus gesehen) vorne unten am Hypothalamus hängt. Das von der Hirnanhangsdrüse freigesetzte TSH regt die Schilddrüse zur Produktion der Schilddrüsenhormone. Dabei produziert die Schilddrüse hauptsächlich T4 und nur in geringen Mengen T3.
- T4 (Thyroxin): T4 ist die Hauptform der von der Schilddrüse gebildeten Hormone und dient im Körper als Speicherform. Es besteht aus 4 Jodatomen. Damit es zur biologisch aktiven Form T3 kommt, wird also ein Jodatom abgespalten. Dies geschieht vor allem in Leber und Niere.
- T3 (Trijodthyronin): Wie der Name schon verrät und wir bereits erwähnt haben, besteht T3 – die aktivere Form des Schilddrüsenhormons aus drei Jodatomen. Etwa 80-90 % des T3 im Körper entsteht durch die Umwandlung von T4 in T3 in der Leber, den Nieren und anderen Geweben. Die Schilddrüse selbst produziert also vorwiegend T4, welches in den Zielgeweben in die aktivere Form T3 umgewandelt wird. T3 beeinflusst eine Reihe von Stoffwechselprozessen in unserem Körper.
- rT3 (Reverse Trijodthyronin): Bei rT3 handelt es sich um eine inaktive Form von T3, die vor allem bei Stress und anderen Bedingungen wie Krankheit gebildet wird. rT3 hemmt das stoffwechselanregende T3 und reguliert auf diese Weise den Energiebedarf.
- Calcitonin: Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Schilddrüse – hauptsächlich die sogenannten C-Zellen – Calcitonin produzieren. Calcitonin wirkt senkend auf den Calciumspiegel im Blut – es hemmt den Knochenabbau und fördert die Kalizumausscheidung über die Nieren. Parathormon, welches in den den Nebenschilddrüsen produziert wird, ist der Gegenspieler von Calcitonin. Das Parathormon fördert den Knochenabbau und erhöht die Aufnahme von Calcium über den Darm und die Resorption von Calcium über die Nieren. Unter Einfluss des Parathormons erhöht sich der Calciumspiegel im Blut. Kurzum: Gemeinsam wirken Calcitonin und Parathormon als Gegenspieler, um den Calciumhaushalt des Körpers zu regulieren.
Der Unterschied zwischen T3, T4 und fT3, fT4
Bei der Untersuchung der Schilddrüsenfunktion, welche über eine Blutabnahme geschieht, wirst du in der Regel statt T3 und T4 die Werte für fT3 und fT4 vorfinden. Weshalb ist das so? T3 und T4 stellen die Gesamtmenge der Schilddrüsenhormone dar, also jene Hormone die an Proteine gebunden sind und auch jene die nicht gebunden sind und somit frei für Zellen zur Verfügung stehen. Die freie Version – vor allem von T3 – also fT3 ist das biologisch aktivere Hormon und gibt daher besser Auskunft darüber, ob der Körper mit ausreichend aktivem T3 versorgt ist.
Die Normbereiche der Schilddrüsenhormone im Blut können je nach Labor leicht schwanken, aber befinden sich in etwa in dieser Spannweite:
- fT3: 2,0 – 4,4 pg/ml (2,6 – 6,8 pmol/l)
- FT4: 0,8 – 1,8 ng/dl (10 – 23 pmol/l)
- rT3: 10 – 24 ng/dl (oder 0,15 – 0,35 nmol/l)
- TSH: 0,4 bis 4,0 mU/l
- TRH: 0 – 8 µg/l
Wenn eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse vermutet wird, werden auch die Schilddrüsen-Antikörper gemessen. Dabei ermittelt man die Werte für TPO-AK (Thyreoperoxidase-Antikörper), TRAK (TSH-Rezeptor-Anti-Körper) und TG-AK (Thyreoglobulin-Antikörper). Die Erhöhung gewisser Antikörper gibt dann Aufschluss über z.B. eine aktive Entzündung und die Form der Autoimmunerkrankung wie z.B. Hashimoto oder Basedow. Da dies jedoch den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde, empfehle ich dir unseren Artikel zu Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Darin erklären wir die damit verbunden Laborwerte, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Wie reguliert der Körper nun die Schilddrüsenhormone T3 und T4?
Wie kurz erwähnt, haben wir mit Hypothalamus und Hypophyse eine Art Kommandozentrale für viele Hormonsysteme im Körper und auch die Schilddrüse und ihre Hormone werden über Hypothalamus und Hypophyse gesteuert.
- Rezeptoren im Hypothalamus überwachen die Blutwerte der Schilddrüsenhormone im Körper. Sinken diese – weil sie zum Beispiel in den Zellen verbraucht wurden – produziert der Hypothalamus vermehrt TRH.
- TRH regt die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) dazu an TSH (das Schilddrüsen-Stimulierende Hormon) zu produzieren.
- TSH wiederum veranlasst die Schilddrüse T4 und T3 zu produzieren und ins Blut abzugeben.
- Durch den ansteigenden T3 und T4 Spiegel im Blut, werden Hirnanhangsdrüse und Hypothalamus in der Freisetzung von TRH und TSH gehemmt. Dieser Kreislauf nennt sich auch negativer Feedbackzyklus und ein Schema davon findest du rechts im Bild.

Dein Wissen um Schilddrüse und Blutwerte am Praxisbeispiel
Alles schön und gut denkst du dir, aber was hilft dir dieses Wissen jetzt?
Nehmen wir an du fühlst dich seit längerem müde, abgeschlagen und es kommt dir vor als laufe dein Gedächtnis nicht mehr so ganz auf Hochtouren (Hirnnebel). Ausserdem tendierst du zu Konstipation (Verstopfung) und hast vielleicht in letzter Zeit etwas zugenommen, obwohl du sehr auf deine Ernährung achtest?
Mit diesem Beschwerdebild gehst du zum Arzt und obwohl deine Symptome auch gut zu den Wechseljahren passen könnten (solltest du in diese Altersklasse fallen), geht dein Hausarzt auf Nummer sicher und ordnet eine Blutabnahme zur Bestimmung der Schilddrüsenwerte an. Übrigens kannst du diese auch in jedem beliebigen Walk-In Labor bestimmen lassen. Die Preise schwanken zwar stark je nach Labor, aber mit ungefähr 60 € bzw. auch 60 CHF solltest du rechnen wenn du TSH, fT3 und fT4 selbst bestimmen lässt.
Nach 1-2 Tagen hältst du den Laborbefund in den Händen und siehe da TSH ist erhöht. Wie jetzt TSH erhöht? Wir erinnern uns, TSH regt die Schilddrüse zur Produktion von T4 und T3 an. Umso mehr TSH im Blut zirkuliert umso mehr Schilddrüsenhormone sollten von der Schilddrüse produziert werden. Aber obwohl das TSH zu hoch ist, liegen T3 und T4 noch im Normbereich bzw. sogar im niedrigen Normbereich? Dann hast du hier einen Anhaltspunkt dafür, dass deine Schilddrüse nicht optimal arbeitet. Dein Arzt wird dir mit erhöhtem TSH und normalem T3/T4 eine subklinischen Hypothyreose diagnostizieren. Eine subklinische Hypothyreose liegt vor wenn dein Körper durch vermehrtes Ausschütten von TSH den Hormonspiegel von T3 und T4 gerade noch so im Lot halten kann. Es handelt sich also um ein Frühstadium einer Unterfunktion. Gründe dafür können Jodmangel oder auch eine Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) sein.
Du hast jetzt also anhand deiner Symptome und dem erhöhten TSH bereits eine sehr gute Vorstellung darüber was in deinem Körper vorgeht. Der Arzt wird die Schilddrüse abtasten und kann z.B. im Falle von Jodmangel ggf. eine Vergrösserung der Schilddrüse feststellen oder wird eine Schilddrüsen-Antikörper Bestimmung anfordern. Mithilfe dieser Infos und einer Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse bist du nun bestens gewappnet um eine geeignete Behandlung zu starten und deine Symptome in den Griff zu bekommen.
Ich hoffe, dass der Zusammenhang zwischen Hormonregelkreis, deinen Blutwerten und eventuellen Symptomen nun etwas klarer ist und du bereit bist für das nächste Kapitel – die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse.
Weiterführende Artikel zum Thema Schilddrüse
- Basiswissen Anatomie der Schilddrüse
- Die Schilddrüse und ihr Einfluss auf Körpergewicht und Psyche
- Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, Diagnostik und Behandlung
- Schilddrüsenknoten, Diagnostik und Behandlung
- Nährstoffe und Lifestyle für eine gesunde Schilddrüse
Quellen:
- Tortora & Derrickson, Anatomie et physiologie 5ème édition, Seite 639-643
- https://www.deutsches-schilddruesenzentrum.de/wissenswertes/schilddruesendiagnostik/blutuntersuchungen/