Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Hashimoto und Basedow erkennen wie behandeln
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse gehören zu den häufigsten endokrinen (hormonellen) Störungen. Dabei sind vor allem die Schilddrüsenerkrankungen Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow die beiden primär angetroffenen Krankheitsbilder. Beide entstehen durch eine fehlgeleitete Immunreaktion. Wie bei allen Autoimmunerkrankungen greift auch hier das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen an. Im Falle Hashimoto und Basedow führt das Angreifen der Schilddrüse schlussendlich zu Funktionsstörungen die sich in einem zu viel oder zu wenig an Schilddrüsenhormonen äussern. Die Hashimoto-Thyreoditis führt dabei schlussendlich zu einem Mangel an Hormonen was sich in einer Unterfunktion der Schilddrüse äussert. Bei Morbus Basedow kommt es zu einem Überschuss an Schilddrüsenhormonen und Betroffene sind mit einer Schilddrüsenüberfunktion konfrontiert.
Was genau in deinem Körper passiert wenn du eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse entwickelst erfährst du in unserem Artikel – Die Schilddrüse und ihr Einfluss auf Körper und Psyche. Statistisch gesehen leiden etwa 5 % der Bevölkerung an diesen Erkrankungen, wobei Frauen sechsmal häufiger betroffen sind als Männer. Typischerweise treten Hashimoto und Morbus Basedow im mittleren Lebensalter auf. Sie können jedoch auch bei jüngeren oder älteren Personen diagnostiziert werden.
Von Verdacht und Diagnose zu Hilfe und Selbsthilfe
Gleich vorweg, solltest du den Verdacht hegen von einer Autoimmunkrankheit der Schilddrüse betroffen zu sein oder wurde dir eine solche diagnostiziert, kann das anfangs beunruhigend sein. Wir versichern dir jedoch, dass die Schilddrüse ein gut untersuchtes Organ ist. Zudem schreiten Autoimmunerkrankungen in der Regel langsam voran und, dank Medikamente, Änderungen des Lebensstils oder im äussersten Fall die Einnahme von Hormonen, kann man den Fortschritt der Krankheit beeinflussen. Da ich selbst seit Jahren mit Hashimoto und einem autonomen Adenom (Schilddrüsenknoten) lebe und ich bis dato erfolgreich ganzheitlich daran gearbeitet habe, wage ich zu behaupten dass die Schilddrüse gut behandelbar ist und man mit Hashimoto und Basedow auch gut leben kann.
Bitte denke jedoch immer daran, dir im Verdachtsfall oder bei einer Diagnose professionelle Hilfe zu holen. Mein Ziel hier ist, dass du gut informiert zum Arzt gehen kannst und weisst woran du bist. Denn nur mit dem richtigen Wissen kannst du relevante Fragen stellen, die einzelenen Punkte und Infos zu einem stimmigen Bild verbinden und die für dich richtigen Entscheidungen treffen.
Diagnosen können recht schnell überwältigend wirken. Im Gegensatz dazu ist es jedoch ein tolles Gefühl Bescheid zu wissen und seine Optionen zu kennen. Mir geht es deshalb um dein Empowerment. Gestärkt und mit dem Wissen etwas tun zu können, lebt es sich viel viel leichter.
Hashimoto-Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem Antikörper gegen Schilddrüsengewebe bildet, hauptsächlich Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) und Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK).
Was genau geschieht bei Hashimoto im Körper?
Da das Immunsystem fälschlicherweise Schilddrüsenzellen als fremd erkennt, aktiviert es zytotoxische T-Zellen, die die Zellen des Schilddrüsengewebes angreifen und zerstören. Die daraus resultierende Gewebeentzündung und allmähliche Zerstörung des Schilddrüsengewebes führt dann zu einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion). Eine Schilddrüsenunterfunktion bedeutet, dass die Hormonproduktion abnimmt bis man einen Punkt erreicht an dem nicht mehr ausreichend Schilddrüsenhormone vorhanden sind um die, von den Hormonen beeinflussten, Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Es kommt folglich zu verschiedensten Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion.
Hashimoto Symptome
In der frühen Phase kann Hashimoto asymptomatisch (also ohne Symptome) verlaufen oder leichte Zeichen wie Müdigkeit und Gewichtszunahme zeigen. Mit fortschreitender Zerstörung der Schilddrüse entwickeln sich typische Symptome einer Hypothyreose (Unterfunktion) wie Kälteempfindlichkeit, trockene Haut, Haarausfall, depressive Verstimmungen und kognitive Einschränkungen. Genaueres zu den Symptomen einer Unterfunktion/Hashimoto findest du hier: Die Schilddrüsenunterfunktion und ihr Einfluss auf Körper und Psyche
Morbus Basedow
Morbus Basedow ist die häufigste Ursache für eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfuntkion) und zeichnet sich durch die Produktion von TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK) aus, die die Schilddrüse zur Überproduktion von Hormonen anregen.
Was genau geschieht im Körper bei Morbus Basedow?
Die TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK) binden an den TSH-Rezeptor an der Oberfläche der Schilddrüsenzellen und stimulieren die Schilddrüse unabhängig von der Hypophysensteuerung.
Klingt kompliziert? Dann hier eine kurze Erklärung: Normalerweise wird die Produktion der Schilddrüsenhormone über Hypothalamus und Hypophyse (zwei Strukturen des Gehirns) gesteuert. Der Hypothalamus setzt das Hormon TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) frei, TRH leitet die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) an TSH zu produzieren. TSH ist das Schilddrüsen-Stimulierende Hormon, welches normalerweise an den TSH-Rezeptoren der Schilddrüsenzellen bindet und schlussendlich die Produktion der Schilddrüsenhormone veranlasst. Hat es irgendwann genug Schilddrüsenhormone im Blut, wird dies von Hypothalamus und Hypophyse erkannt und die Ausschüttung von TRH wie TSH wird gestoppt. Fehlt das TSH, hört die Schilddrüse auf Hormone zu produzieren. Dein Körper hat also im Grunde zwei Messstationen und Sicherheitsschalter (TRH und TSH) um eine Unterproduktion oder Überproduktion von Schilddrüsenhormonen zu verhindern.
Wo liegt also das Problem? Es gibt zwei Ausnahmesituationen bei denen der Feedbackloop und somit die beiden Sicherheitschalter nicht greifen und es zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommt. Im ersten Fall produzieren autonome Adenome (selbständige Schilddrüsenknoten) unabhängig von Hypothalamus und Hypophyse Schilddrüsenhormone. Im zweiten Fall, also bei Morbus Basedow, docken anstelle von TSH die Antikörper (TRAK) an die Rezeptoren der Schilddrüsenzellen an und veranlassen die Produktion der Schilddrüsenhormone. Das Problem dabei ist, dass auch die TRAK unabhängig von TRH/TSH bzw. Hypothalamus und Hypophyse agieren und es zur Überproduktion von T3 und T4 kommt.
Fazit: Die Hypophysensteuerung wäre der «gesunde» Weg zur Hormonproduktion, da dieser durch ein ausgeklügeltes Feedbacksystem zwischen Gehirn und Hormondrüse dafür sorgt, dass immer die richtige Menge an Hormonen vorhanden ist (für mehr Details zum Thema: Der Regelkreis der Schilddrüsenhormone verständlich erklärt). Bei Basedow oder autonomen Adenomen, funktioniert dieses Feedbacksystem nicht. Daher kommt es zu einer übermässigen Produktion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (fT3) und Thyroxin (fT4) und es liegt somit eine Schilddrüsenüberfunktion mit all ihren Symptomen vor.
Basedow Symptome
Typische Symptome von Morbus Basedow umfassen jene einer Schilddrüsenüberfunktion. Zu häufigen Symptomen gehören Tachykardie (schneller Herzschlag), Palpitationen, hoher Blutdruck, Hitzeempfindlichkeit, verstärktes Schwitzen, dünne wie brüchige Haare, Verdauungsprobleme wie häufiger Stuhlgang oder Durchfall, Gewichtsverlust trotz gesteigerten Appetits, Tremor (Zittern), Nervosität bis hin zur Panikattacke und Schlaflosigkeit. In einigen Fällen kann es auch zu hervortretenden Augen kommen, das nennt sich in der Fachsprache endokrine Orbitopathie, oder auch Exophthalmus. Genaueres zu den Symptomen einer Überfunktion/Basedow findest du hier: Die Schilddrüsenüberfunktion und ihr Einfluss auf Körper und Psyche
Unterschiede zwischen Hashimoto und Basedow
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Autoimmunerkrankungen liegt in der Schilddrüsenfunktion: Während Hashimoto-Thyreoiditis zu einer Hypothyreose also einer Unterfunktion führt, verursacht Morbus Basedow eine Hyperthyreose, sprich eine Überfunktion. Die dahinterliegende Mechanismen unterscheiden sich grundlegend darin, dass bei Hashimoto die Zerstörung der Schilddrüse im Vordergrund steht, während bei Basedow die Schilddrüsenrezeptoren durch TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper) übermässig stimuliert werden.
Diagnostik von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse
Selbstdiagnose und Laboruntersuchungen bei Hashimoto und Basedow
Oftmals bemerkt man als betroffene Person subtile Symptome. Da zumeist Frauen betroffen sind und das Einsetzen der Krankheit gerne zu einem Zeitpunkt des hormonellen Umschwungs geschieht (Pubertät, Schwangerschaft, Perimenopause, Menopause) werden erste Anzeichen wie Müdigkeit, Nervosität oder Veränderungen des Körpergewichts zwar bemerkt, aber auch mal gerne auf die hormonellen Änderungen zurückgeführt.
Also rein die Symptomatik, solange sie nicht stark ausgeprägt und eindeutig ist, kann in manchen Fällen irreführend sein. Deshalb kommt man zumeist um eine Labordiagnostik und einen Arztbesuch nicht herum. Sollte dein Arzt – aus welchem Grund auch immer – nicht rezeptiv sein um deine Schilddrüse genauer unter die Lupe zu nehmen, kann es durchaus hilfreich sein, sich an ein Walk-In Labor zu wenden. Schilddrüsenhormone werden dank Blutabnahme und moderner Labortechnik bereits recht günstig und innerhalb von 24-48 Stunden ermittelt und digital an dich gesendet. Mithilfe von entsprechenden Blutwerten weisst du dann auch recht genau ob mit deiner Schilddrüse etwas nicht stimmt, oder doch ein anderer Grund für die Symptome vorliegt.
Kleine Anekdote am Rande. Mir wurde mit 40 von einer Frauenärztin, nachdem ich Brustspannen und ein leichtes prämenstruelles Syndrom erwähnte, orales Östrogen verschrieben. Mein eigener Verdacht – nach einschlägiger Lektüre – ging jedoch in Richtung Progesteronmangel. Da die Ärztin mein vollstes Vertrauen genoss, nahm ich die Östrogenpillen. Nach der zweiten Einnahme wurde ich mit Symptomen welche von Kopfschmerzen und Übelkeit bis hin zu generellem Unwohlsein reichten überrumpelt. Ich setzte das Östrogen ab un die Nebenwirkungen verschwanden dann nach gut 4 Wochen. 3 Monate nach der Einnahme ging ich ins Walk-In Labor und lies die Sexualhormone bestimmen. Da diese im Zyklusverlauf schwanken, liess ich sie an zwei verschiedenen Zeitpunkten des Menstruationszyklus› messen. Mein Anfangsverdacht des Progesteronmangels bestätigte sich und schlussendlich wurde mir auch das passende Progesterongel verschrieben. Was ich damit sagen will, Symptome sind nicht immer eindeutig zuzuordnen und Laborwerte werden nicht immer routinemässig bestimmt. Manchmal muss man also selbst das Zepter in die Hand nehmen und Ärzte wie Ärztinnen in Ihrer Arbeit unterstützen. Immerhin geht es um deinen Körper und dein Wohlbefinden und die sind so einzigartig wie du.
Bei einer Labordiagnostik die die Schilddrüse betrifft, werden Schilddrüsenparameter wie TSH, fT3, fT4 sowie spezifische Antikörper (TPO-AK, Tg-AK, TRAK) bestimmt. Die Kosten für diese Tests variieren, wobei sie in der Schweiz etwa 50 CHF und in Deutschland 40 EUR betragen.
Ärztliche Diagnose einer Schilddrüsenerkrankung
Solltest du eine Fehlfunktion deiner Schilddrüse vermuten, ist der erste Weg der zum Allgemeinarzt. Im Idealfall erfolgt ein kurzes Gespräch in dem deine Symptome notiert werden. Durch eine Sicht- und Tastamananese wird auch eine eventuell vergrösserte Schilddrüse festgestellt oder es werden ev. vorhandene Knoten ertastet. Schlussendlich wird man dich bei Verdacht auf eine Störung der Schilddrüse zur Blutabnahme schicken um die entsprechenden Laborwerte in Erfahrung zu bringen. Ausserdem wirst du zu Spezialisten verwiesen, welche sich anhand von Ultraschall und Szintigraphie ein genaues Bild deiner Schilddrüse machen können. Anhand der Resultate wird der Arzt seine Diagnose stellen und mit dir weitere Schritte und Behandlungsmöglichkeiten erörtern. Für besseres Verständnis:
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und untersucht die Schilddrüse durch Abtasten.
- Blutuntersuchungen: Die Messung von TSH, fT3, fT4 und Antikörpern hilft die Funktion der Schilddrüse und die Autoimmunreaktion zu beurteilen.
- Ultraschall: Dieser zeigt die Struktur der Schilddrüse und kann Hinweise auf Entzündungen oder Knoten liefern.
- Szintigraphie: Besonders bei Morbus Basedow, aber auch bei autonomen Adenomen, wird die Schilddrüsenaktivität mit einem radioaktiven Marker sichtbar gemacht.
Normwerte der Schilddrüsenhormone und Antikörper
Solltest du den Laborbefund in den Händen halten, hast du hier eine Vergleichstabelle, welche dir erlaubt deine Werte mit den Normwerten zu vergleichen. Es sei noch gesagt, dass die Normwerte je nach Labor ganz leicht schwanken können, was jedoch bei der Diagnose nicht wirklich relevant ist.
Parameter | Normwert |
---|---|
TSH | 0,4–4,0 mU/l |
fT3 | 3,1–6,8 pmol/l |
fT4 | 12–22 pmol/l |
TPO-Antikörper | <35 IU/ml |
Tg-Antikörper | <115 IU/ml |
TRAK | <1,75 IU/l |
Interpretation der Schilddrüsenwerte
TSH ist typischerweise erhöht, wenn die Schilddrüse suboptimal arbeitet und eventuell auf eine Unterfunktion zusteuert. fT3 und fT4 können dabei noch in der Norm liegen oder bereits zu niedrig sein. Jodmangel und Hashimoto können ein Grund für ein ausserhalb der Norm erhöhtes TSH sein. Ist TSH hingegen zu niedrig oder kaum messbar liegt oftmals eine Überfunktion der Schilddrüse vor wie z.B. bei Basedow oder autonomen Knoten. Typischweise wären bei zu niedrigem TSH, die Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 erhöht (noch in der Norm oder bereits darüber). Erhöhte TRAK-Werte hingegen sind charakteristisch für Morbus Basedow, während erhöhte TPO- und Tg-Antikörper eher für Hashimoto sprechen.
Behandlung von Hashimoto und Basedow
Schulmedizinische Behandlung von Hashimoto-Thyreoiditis
Aus Sicht der Schulmedizin kann in den meisten Fällen nicht viel unternommen werden. Solange die Schilddrüsenwerte noch im Normbrereich und die Symptome nicht stark ausgeprägt sind wird per regelmässiger Überwachung der Werte dem Untergang der Schilddrüse zugesehen. Und wenn es dann soweit ist und die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Hormone produzieren kann, kommt es zur Substitution der Schilddrüsenhormone durch z.B. L-Thyroxin (Levothyroxin).
Bei L-Thyroxin handelt es sich um ein synthetisch hergestelltes Monopräparat. Vermarktet wird es unter den Namen Euthyrox, L-Thyroxin Henning, Eltroxin und Tirosint. Monopräparat bedeutet, dass es nur das T4 Äquivalent Levothyroxin enthält. Wie wir bereits in in anderen Beiträgen erfahren haben, ist T4 als Speicherform der Schilddrüsenhormone zu betrachten und wird erst durch Abspaltung eines Jodatoms zum biologisch aktiven Hormon T3. Ob ein Hormon synthetisch hergestellt wird oder «natürlich» ist, macht eigentlich keinen nennenswerten Unterschied, da die chemische Struktur des Hormons über seine Funktion bestimmt und diese chemische Struktur ist bioidentisch (identisch mit dem natürlichen Hormon T3). Was jedoch einen Unterschied machen kann ist, dass natürlich gesehen im Körper immer beide Formen T4 und T3 gemeinsam auftreten und manche Menschen, z.B. durch Nährstoffmangel o.ä. T4 nicht korrekt zu T3 umwandeln können. Folglich gibt es auch Kombinationspräparate wie Novothyral die beide Formen, T4 und T3, enthalten.
Wichtig zu wissen ist, dass man manchmal auch etwas lästig sein darf und muss, wenn Symptome trotz Einsatz von z.B. Euthyrox weiter vorhanden sind. Die richtige Dosis und das richtige Präparat zu finden ist nicht immer einfach. Dein Arzt wird mithilfe von Laborwerten und deinen Symptomen arbeiten, aber natürliche Schwankungen und einfach die Tatsache, dass jeder Körper anders ist, haben Einfluss auf dein Befinden. Aus Erfahrung vertragen manche Menschen ein Präparat besser als das andere, auch wenn der Inhalt praktisch derselbe ist. Sei also lästig und lass dich nicht mit «die Blutwerte sind normal» abspeisen und wirf auch einen Blick auf andere Parameter die für die Umwandlung und Verwertung der Schilddrüsenhormone im Körper wichtig sind. Dazu dann im nächsten Kapitel des ganzheitlichen Ansatzes mehr.
Gibt es nur die synthetischen Mono- und Kombinationspräparate?
Nein. Es gibt tatsächlich auch natürliche Präparate aus getrockneten und gemahlenen tierischen Schilddrüsen, allen voran aus schweinischen Schilddrüsen. Diese Produkte kommen eher in den USA zum Einsatz, sind jedoch auch in Europa erhältlich. Bekannte Produkte sind zum Beispiel Armour-Thyroid, Nature-Throid und Westhroid. Diese Präparate können eine Alternative darstellen, sollten die synthetischen Produkte nicht vertragen werden oder nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Allerdings entspricht das Verhältnis von T3 zu T4 bei diesen Produkten nicht dem menschlichen, womit es umso wichtiger ist, dass ein erfahrener Arzt sich um die Einstellung kümmert.
Zusammengefasst kann man sagen, dass das Ziel der Schulmedizin darin besteht, den Hormonspiegel mithilfe von Ersatzhormonen wie z.B. L-Thyroxin wieder auf ein «normales» Niveau zu bringen und damit auch Symptome einer Unterfunktion zu lindern. Dies kann natürlich erst dann geschehen, wenn die Schilddrüse nicht mehr in der Lage ist den Hormonspiegel aus eigener Kraft aufrecht zu erhalten, sprich die Zerstörung des Gewebes muss weit fortgeschritten sein.
Schulmedizinische Behandlung von Morbus Basedow
Die Behandlung beginnt meist mit Thyreostatika wie Thiamazol oder Propylthiouracil, die die Hormonproduktion hemmen und somit der Überfunktion der Schilddrüse entgegenwirken. Ziel ist es die Symptome der Schilddrüsenüberfunktion zu lindern und körperlichen Schäden, die durch die Hyperthyreose entstehen können, vorzubeugen. Die Einnahme der Thyerostatika erfolgt meist über einen Zeitraum von 12-18 Monaten. In 50% der Fälle führt dies zu einer dauerhaften Reduktion der Schilddrüsenüberfunktion.
Bei der anderen Hälfte kommt die Überfunktion jedoch zurück und es werden dann andere Behandlungsansätze in Betracht gezogen. Zum Einen kann niedrigdosiert eine Dauerbehandlung mit Thyreostatika erfolgen. Allerdings muss diese eng überwacht werden um Nebenwirkungen vorzubeugen.
Bei der Radiojodtherapie wird radioaktives Jod-131 verwendet welches nach Injektion von der Schilddrüse aufgenommen wird. Das radioaktive Jod zerstört die überaktiven Schilddrüsenzellen, wodurch die Hormonproduktion gesenkt wird. Wenn Thyreostatika nicht ausreichend wirksam sind oder die Überfunktion zurückkehrt, ist dies oftmals der nächste Behandlungsschritt. Die Effekte sind dauerhaft und in der Regel ist die Therapie gut verträglich.
Zuguterletzt, sollten weder Thyreostatika noch Radiojodtherapie wirken, kann eine Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) in Betracht gezogen werden. Auch bei Kropfbildung welche zum Beispiel auf umliegende Strukturen des Halses Einfluss nimmt (Schluckprobleme…) oder bei Verdacht auf Krebs wird diese Methode bevorzugt. Der offensichtliche Nachteil der Behandlung liegt in der Tatsache, dass mit fehlender Schilddrüse nun auch die Hormone gänzlich fehlen und diese lebenslang, wie auch bei Hashimoto, eingenommen werden müssen. Wie auch bei Hashimoto ist die Behandlung hier individuell auf jeden Patienten abzustimmen und zu überwachen.
Ganzheitlich Behandlung von Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow
Damit kommen wir zum ganzheitlichen Ansatz. Idealerweise setzt dieser bereits vor dem Zeitpunkt an, an dem die Schilddrüse komplett zerstört wurde bzw. dient er auch der Unterstützung der schulmedizinischen Bemühungen.
Je nachdem an welchen Zeitpunkt die Diagnose gestellt wird und wie weit die Zerstörung des Schilddrüsengewebes fortgeschritten ist, oder wie stark die Überfunktion dein Leben beeinträchtigt, variiert das Ziel der natürlichen Hashimoto und Basedow-Behandlung. In beiden Fällen besteht eines der Ziele darin die Autoimmunreaktion soweit wie möglich einzudämmen. Kann man eine solche tatsächlich stoppen? Glaubt man den vielen verschiedenen Berichten von Hashimoto und Basedow-Betroffenen, dann kann man festhalten, dass dies möglich ist. Allerdings – und da ist Ehrlichkeit und Realismus wichtig – ist es ein langwieriger Weg mit Höhen und Tiefen und es braucht Konsequenz. Aber was ist die Option? Eine lebenslange Einnahme von Hormonen und man fühlt sich dann eventuell trotzdem nicht ganz auf der Höhe?
Ganzheitliche Ansätze für Hashimoto und Basedow
Da bei beiden Krankheitsbildern vor allem die Beseitigung der Ursache, sprich die Reduktion des Autoimmungeschehens an vorderster Stelle steht, sind die hier genannten Ansätze für Hashimoto und Basedow gleichermassen gültig. Eventuelle Unterschiede heben wir hervor.
Je nachdem wozu du bereit bist gibt es also verschiedene Dinge die du ausprobieren kannst. Aber gleich vorab, blindes Ausprobieren ist wenig zielführend. Hole dir professionelle Hilfe bei z.B. deinem Arzt, einem Arzt in funktioneller Medizin, einem Heilpraktiker oder diplomierten Ernährungsberater. Im äussersten Fall, kannst du auch selber mithilfe der Walk-In Labors den Erfolg deines Protokolls überwachen. Da ein detailliertes Protokoll den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, gebe ich dir hier einen groben Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten. Für mehr Details und einen individualisierten Plan kontaktiere mich und ich helfe dir gerne weiter.
Beim ganzheitlichen Ansatz für eine natürliche Unterstützung deiner Schilddrüse gibt es drei Säulen.
- Nährstoffe, Heilpflanzen, Adaptogene
- Diät
- Lebensstil
Welche Resultate sind realistisch?
Wenn die Hashimoto zum Beispiel durch einen Zufallsbefund oder bei leichten Symptomen in einer frühen Phase entdeckt wurde, kann es durchaus realistisch sein die Autoimmunreaktion soweit unter Kontrolle zu bringen, dass kein weiteres Schilddrüsengewebe mehr zerstört wird und sich die Schilddrüse eventuell ein kleines Stück weit regenerieren kann. Eine Einnahme von Schilddrüsenhormonen ist dann nicht notwendig und Symptome werden durch ausreichende Nährstoffversorgung, Lebenstiländerungen etc. gemildert oder verschwinden eventuell ganz.
Wenn die Diagnose Hashimoto jedoch recht spät im Krankheitsverlauf erfolgt und eine Einnahme von Schilddrüsenhormonen unumgänglich wird, besteht das Ziel des holistischen Ansatzes meiner Meinung nach vor allem darin die schulmedizinische Behandlung in Absprache mit deinem Arzt zu unterstützen und den Hormonpräparaten ein Terrain zu bereiten in dem sie ihre Wirkung bestmöglich entfalten können um schlussendlich Symptome zu lindern und deine Lebensqualität auf hohes Niveau zu bringen.
1. Nährstoffe, Heilpflanzen und Adaptogene
Deine Schilddrüse benötigt zum Erstellen der Hormone Bausteine wie Jod. Und dein Körper benötigt für die Verwertung und Umwandlung der Schilddrüsenhormone ebenso gewisse Nährstoffe. Ohne diese Nährstoffe sind diese Prozesse gestört. Auch die Entzündung der Schilddrüse – welche eine Folge der Autoimmunreaktion von Hashimoto ist – sollte eingedämmt werden. Hierzu kommen antioxidative Nähr- und Pflanzenstoffe zum Einsatz. Auch Adaptogene können im Entzündungsgeschehen sowie in der Stressantwort deines Körpers (welche wiederum zur Entzündung beiträgt) eine Hilfe sein.
- Jod, Eisen, Selen, Zink, Magnesium, Vitamin-A und B-Vitamine werden für die Produktion von T4 und für die Umwandlung in T3 benötigt. Auch im Energiehaushalt also der Verwertung in den Zellen spielen davon einige eine Rolle. Die Blutwerte sollten davon allesamt im hohen Normbereich liegen. Achtung bei der Jodzufuhr im Falle von Basedow oder autonomen Knoten. Es wird in diesen beiden Fällen eine jodarme Ernährung empfohlen (natürlich soll Jod dann auch nicht in Form von Nahrungsergänzungen zugeführt werden). Achte bitte auch auf den Jodgehalt in Nährstoffkomplexen für Schilddrüsen. Dies enthalten in den allermeisten Fällen Jod, welches bei Basedow und autonomen Adenomen ungünstig ist.
- Vitamin D ist für ein funktionierendes Immunsystem und zur Eindämmung von Entzündungsreaktionen im Körper idealerweise hoch zu halten. Genauso wie Vitamin C, Vitamin E und sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Carotinoide, Poliflavone etc. welche als Antioxidantien agieren und Entzündungen entgegenwirken.
- Zu den Adaptogenen welche zum Einsatz kommen können zählen Ashwaganda, Rosenwurz, Shisandra, Zitronenmelisse und gewisse Pilze wie Cordyceps oder Reishi. Diese wirken zumeist ausgleichend auf die Psyche und helfen bei Schlaf und Stressbewältigung, womit sie indirekt dem Entzündungsgeschehen von Hashimoto entgegenwirken. Da Adaptogene nicht labortechnisch überprüft werden können, in ihrer Anwendung jedoch sicher sind, ist vor allem dein Empfinden hier die Messlatte. Eine Einnahme macht jedoch nur regelmässig und langfristig Sinn. Informiere dich über die jeweiligen Adaptogene, suche dir zwei oder drei aus und teste über drei Monate. Gute Produkte in sinnvollen Kombinationen und Dosierungen findest du auf Sunday.de.
2. Diät
Was Autoimmunkrankheiten wie Hashimoto und Basedow betrifft gibt es spezielle Diätformen welche helfen das Immunsystem zu regulieren und Entzündungen entgegenzuwirken. Die meisten haben gemein, dass sie gängige Allergene wie Gluten, Milchprodukte und z.B. auch Nachtschattengewächse ausschliessen und die Darmgesundheit fördern. Es stehen also fermentierte Lebensmittel, Prä- und Probiotika auch in Kapselform, Fleisch, Früchte und vor allem viel Gemüse am Speiseplan. Der Fokus liegt auf natürlichen Lebensmitteln. Verarbeitete Nahrung oder Fertiggerichte werden ausgeschlossen. Gesunde Fette spielen ebenso eine Rolle um Entzündungsmarker zu senken. Generell starten die verschiedenen Diäten mit einer strengen Eliminationsphase die 4-12 Wochen eingehalten wird. Danach und mithilfe eines Symptom und Ernährungstagebuchs werden gewisse Lebensmittel wieder eingeführt. Ein 90-tägiges Ernährungstagebuch mit Symptomtracker, welches du zu Hause ausdrucken oder am PC ausfüllen kannst, findest du recht günstig auf Etsy: Ernährungstagebuch Sofortdownload
Die Diäten gehen Hand in Hand mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Beispiele für Autoimmun-Diäten ist das AIP – Autoimmun Protokoll, die Paleo Diät oder die glutenfreie, milchfreie, sojafreie Diät (GFD/DF/SF). Eine spezielle Mischform welche sich leicht für die Schilddrüse anpassen lässt, ist die Autoimmun-Paleo Diät. Es wird dabei wie schon erwähnt auf Getreide (allem voran Gluten), Milchprodukte und Nachtschattengewächse sowie auf Sojaprodukte verzichtet. Nach einer ca. 6-8 wöchigen strengen Eliminationsphase (Gewichtsverlust garantiert) in der auch bereits mit der Darmsanierung anhand von Knochenbrühe, L-Glutamin und Probiotika begonnen wird, können gewisse Lebensmittel wieder eingeführt werden. Die Diät wird für 1-2 Jahre aufrecht erhalten und auf Gluten wie Milch verzichten einige dann gerne freiwillig ein Leben lang.
3. Lebensstil
Was den Lebensstil angeht, stehen vor allem die Stressreduktion und regelmässige Bewegung im Vordergrund. Regelmässiges Krafttraining, etwas Cardio (keine Marathonläufe – da zu viel Stress für den Körper) und viel frische Luft und Natur helfen die Stressantwort des Körpers zu verbessern. Genauso wichtig für die Stressreaktion und das Entzündungsgeschen ist regelmässiger, ausreichender Schlaf und Momente der Entspannung die durch Achtsamkeitsübungen, Yoga, Buchlesen, Meditation oder was auch immer dich entspannt in den Alltag integriert werden können. Die Effekte dieser Aktivitäten können durch die Einnahme der oben erwähnten Adaptogene verstärkt werden.
Fazit
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sind häufig, jedoch gut behandelbar. Ganzheitliche Ansätze können den Krankheitsverlauf verlangsamen oder in manchen Fällen stoppen. In jedem Fall jedoch ist die richtige Kombination aus schulmedizinischer Behandlung und ganzheitlichen Ansätzen der Schlüssel um gut mit Hashimoto oder Morbus-Basedow zu leben. Durch eine Kombination aus Ernährungsumstellung, optimaler Versorgung mit antientzündlichen und für die Schilddrüse wichtigen Nährstoffen und einem aktiven Lebenstil wird die Lebensqualität verbessert und Symptome gelindert. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Therapie sind natürlich ideal, aber nicht immer möglich. Um langfristigen Schäden vorzubeugen und Symptome zu lindern oder ganz verschwinden zu lassen ist daher in den meisten Fällen die Unterstützung der schulmedizinischen Behandlung durch ganzheitliche Ansätze das A&O für ein gutes Leben mit Hashimoto und Basedow.
Weiterführende Artikel zum Thema Schilddrüse
- Basiswissen Anatomie der Schilddrüse
- Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse. Der Regelkreis der Schilddrüsenhormone verständlich erklärt
- Die Schilddrüse und ihr Einfluss auf Körper und Psyche
- Schilddrüsenknoten, Diagnostik und Behandlung
- Nährstoffe und Lifestyle für eine gesunde Schilddrüse
Quellen:
- Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
- Mayo Clinic – Informationen zu Hypothyreose und Hyperthyreose
- American Thyroid Association (ATA)
- Buch: Tortora Derrickson – Anatomie et physiologie